Kurzinfo

„Von Abraham zum Aktionskreis Kronacher Synagoge“

in Siebenmeilenstiefeln durch vier Jahrtausende

Als Synagoge bezeichnet man ein jüdisches Gotteshaus, das man in der Umgangssprache auch „Schul“ (jiddisch) nennt.

Das jüdische Volk, die „Hebräer“ oder „Israeliten“, beruft sich auf Abraham, Isaak und Jakob als seine Erzväter. Sie waren ursprünglich Hirten, die auf der Suche nach Futterplätzen umherzogen. Ihr Religionsstifter war Mose, der von Gott die 10 Gebote erhielt. Vor etwa 3000 Jahren wurden die Hebräer in Palästina sesshaft und erbauten unter König David Jerusalem (auch Zion genannt) als ihre Hauptstadt. Der Name Jude leitet sich vom Land Judäa ab, ein Landesteil, in dem Jerusalem und Betlehem liegen.

Der heiligste Ort der Juden war und ist der Tempel zu Jerusalem, der vor fast 2000 Jahren von der römischen Besatzungsmacht bei einem Krieg zerstört wurde. Er wurde nie wieder aufgebaut, weil man die jüdischen Bewohner aus Jerusalem vertrieben hat. Die Westmauer des Tempels, die übrig blieb, wird als „Klagemauer“ von den Juden noch immer verehrt.

„Sie wurden zerstreut in alle Welt“, wie es in der Bibel heißt. Ein Teil von ihnen gelangte im Laufe der Jahrhunderte über Kleinasien und Südeuropa auch nach Deutschland, in die Bischofsstädte Köln, Mainz, Worms, Speyer, Bamberg und Regensburg, wo ihre Spuren bis ins 10. Jahrhundert zurückreichen. Zu jeder Zeit und in fast allen Ländern wurde die jüdische Bevölkerungsgruppe immer wieder grundlos diskriminiert, verfolgt und in großer Anzahl willkürlich ermordet. Die Gräueltaten gegen die Juden sind in Russland mit dem Begriff „Pogrom“ = Ausschreitung verbunden und erreichten in Deutschland und Europa unter der Bezeichnung „Holocaust“ oder „Shoa“ = Verbrennung, Vernichtung ihren bisherigen Höhepunkt.

In Kronach sind jüdische Bewohner erstmals 1298 urkundlich erwähnt. Sie benötigten eine Aufenthaltsgenehmigung des Fürstbischofs von Bamberg, der früher auch der weltliche Landesherr von Kronach war. Die Bischöfe erteilten aber nur wenige Zulassungen und so war die jüdische Bevölkerung Kronachs nie groß genug, um eine eigene Synagoge zu bauen. Jedoch sind zwei Privathäuser in der „Oberen Stadt“ bekannt, in denen sich jüdische Betstuben befanden.

Im Jahr 1871 wurden die vielen deutschen Teilstaaten zum Deutschen Reich, mit einem Kaiser an der Spitze, vereint. In diesem neuen Staat hatten alle Menschen die gleichen Rechte und Pflichten, auch die Juden. Sie waren nun endlich freie deutsche Bürger.

Viele Juden, die früher auf den Dörfern leben mussten, zogen in die Städte, darunter auch nach Kronach. So konnte bereits 1880 eine selbstständige jüdische Kultusgemeinde gegründet werden, die alsbald eine Synagoge erbaute, die am 5. Oktober 1883 feierlich eingeweiht wurde.

Sehr viele jüdische Bürger waren in ganz Deutschland angesehene Geschäftsleute, Industrielle, Kunstschaffende, Ärzte und Rechtsanwälte. Sie hatten maßgeblichen Anteil am Aufblühen der deutschen Wirtschaft und Kultur, die eine Spitzenstellung in der Welt einnahm.

Im Jahr 1933 kamen die Nationalsozialisten mit Adolf Hitler an die Macht und regierten in Deutschland. Diese Partei wollte die Juden ausrotten und vernichten. Daher verließen viele Juden ihre deutsche Heimat und gingen ins Ausland. 1936 gab es deshalb nur noch wenige jüdische Bürger in Kronach. Sie konnten keinen Gottesdienst mehr abhalten, weil sie die vorgeschriebene Mindestzahl von 10 religionsmündigen männlichen Juden nicht mehr erreichten.

Somit blieb die Synagoge ungenutzt und die Zeiten für die jüdische Bevölkerung wurden immer schwieriger. Man beraubte sie ihrer Menschenrechte und demütigte sie. Da ihr Schicksal offenkundig war, verkauften sie ihre Synagoge im Februar 1938 zu einem symbolischen Preis an die Stadt Kronach, die bis heute Eigentümerin des Gebäudes ist.

Danach wurde das Haus zum Sanitätsdepot des Roten Kreuzes umfunktioniert und blieb deshalb vor einer Zerstörung durch die Nazis in der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 verschont. Im Inneren baute man das Gotteshaus zu einem zweistöckigen Funktionsgebäude um. Unten wurde eine Fahrzeughalle eingerichtet und in der 1. Etage Übungs- und Aufenthaltsräume, Büros und Materiallager.

1971/72 zog das Rote Kreuz in ein modernes Gebäude um. In der Folge war in der Synagoge das Teppich- und Möbellager einer Einrichtungsfirma untergebracht. Danach stand das Haus leer und man überlegte im Jahr 1991, ob man es vielleicht abreißen sollte, zumal es nicht als geschütztes Baudenkmal anerkannt war.

Da seit der Deportation der noch in Kronach gebliebenen jüdischen Bürger in die Vernichtungslager, das war 1942, keine Juden mehr in unserer Stadt wohnen, retteten christliche Bürger das Gotteshaus. Sie gründeten einen Verein mit Namen: „Aktionskreis Kronacher Synagoge“, mit dem Ziel, das Gebäude zu restaurieren und im Gedenken an die einstigen Kronacher jüdischen Glaubens und zur Ehre unseres „Einen Gottes“ mit neuem Leben zu erfüllen.

Innerhalb von 10 Jahren intensiver Vereinsarbeit ist dies mit Hilfe des Bayer. Landesamtes für Denkmalpflege, der Oberfrankenstiftung, der Bayer. Landesstiftung, des Landkreises und der Stadt Kronach, des Aktionskreises Kronacher Synagoge sowie Spenden von Privatpersonen und Vorzugspreisen mancher am Bau beteiligten Firmen auch gelungen. Am 4. Oktober 2002 konnte das Haus wieder eingeweiht werden, mit dem Segen der katholischen und evangelischen Geistlichkeit sowie des jüdischen Kantors von Bamberg.

Heute dient die Kronacher Synagoge als Gedenkstätte und als Veranstaltungssaal für Ausstellungen, Vorträge und Konzerte. Im Jahr 2004 fanden hier mehr als 40 Ereignisse statt. Alle Arbeiten werden ehrenamtlich verrichtet. Es gibt kein Geld von der Stadt oder vom Staat, so dass wir ausschließlich auf Spenden angewiesen sind.

(Willi Zaich)